Fotograf: Steven Meisel
Art Director: Giovanni Bianco
Stylist: Olivier Rizzo
Casting: Maddison Brown, Hailey Gates, Stacy Martin, Mia Goth
Die Fotografie pendelt zwischen zwei Polen: Stativ und Hand, Komposition und Improvisation, Studio und Straße. Das aus der Hand geschossene, improvisierte Bild - fotografiert in der Stadt, mit einer leichten Kamera und dem vorhandenen Licht - hat immer schon ästhetische Kritik geäußert: die Ablehnung allzu sehr im Vordergrund stehender Technik und akademischer Vorstellungen von Komposition. Die Straßenfotografie stellt eine unmittelbarere, engagierte und gelebte Kunst dar.
Diese unverfälschte Raffinesse des im Verborgenen gemachten Fotos wird in Steven Meisels Fotografien von Maddison Brown, Hailey Gates, Mia Goth, und Stacy Martin für die Miu Miu Kampagne HW '15 deutlich. Dass die Kampagne den Titel „Subjective Reality“ trägt und jedes Bild mit einem Untertitel versehen ist, hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Die anscheinend aus der freien Hand gemachten Aufnahmen vermitteln in ihrer kompositorischen und perspektivischen Logik einen sehr subjektiven Blick: Ein Betrachter wird mitten in einer Geste erfasst, ein Autofenster rahmt teilweise die Straße ein, Hintergründe werden von den Mini-Dramen der Passanten durchdrungen. Die Schauspielerinnen begegnen diesem Blick manchmal fast trotzig, wie mitten im Satz durch das aufdringliche Objektiv des Fotografen unterbrochen.
Dieser Improvisationsgeist passt zum Grundton der Kollektion: Materialien, Farben und Texturen treffen aufeinander und überschneiden sich. Maßstäbe und Details verschieben sich radikal.
Ganz im Sinne der Straßenfotografie wird jedes Bild der Kampagne mit einem individuellen Titel versehen. Diese Texte sind kryptisch, fragmentiert; es sind nur unvollständige Hinweise. Anstatt die Interpretation zu vervollständigen und das Bild zu erklären, hat der Text hier die gegenteilige Wirkung. Er macht das Bild und den Fotografen noch mysteriöser. Der Text verdeutlicht die Subjektivität und die darin enthaltene persönliche Vision. Er deutet auf eine unsichtbare Präsenz hin, den Autor, aber nur in sehr unpersönlicher Weise. So wird Subjektivität vermittelt, während die wahre Lesart der Vorstellungskraft des Betrachters überlassen bleibt.